von Nadine Link
Hi Fans,
für alle, die mich noch nicht kennen, möchte ich mich kurz vorstellen. Ich bin der Tim, ein 9 jähriger tauber Cockerspaniel und in mir sind die besten Eigenschaften vereint, die ein Cocker nur haben kann.
Wie wäre es, wenn ich Euch heute von meinem Dasein als Weltenbummler erzähle, denn ich bin schon viel von Spanien aus nach Deutschland, Belgien und schließlich über Holland und Frankreich nach England rumgekommen.
Ich war 8 Jahre alt und in den besten Jahren, doch natürlich auch nicht mehr der Jüngste und das Herz wurde mir schwer. Eines Tages dachte ich hey super, endlich geht’s mal hier mit mir zum Tierarzt, aber man hat mich stattdessen in einen angsterfüllten Ort mit ganz vielen anderen Hunden gesteckt, von dem ich hier lieber nicht weiter erzählen mag.
Doch da ich stets im Leben “the dog on the sunny side of the road” bin, hatte ich gerade noch Glück, dass mich ein Tierschützer da endlich rausgeholt hat, denn meine Tage waren schon gezählt. So durfte ich ein Fotoshooting machen, denn die Cockerrettung hat sich um mich gekümmert und nach einer Pflegestelle für mich gesucht. So kam es, dass ich am Donnerstag, den 19. Juni 2008 von meinem Pflegefrauchen abgeholt wurde. Dies war der Beginn einer wundervollen Freundschaft!
Mein Pflegefrauchen hat sich so in die Fotos von mir verliebt (ich hab mir auch extra Mühe gegeben, schön in die Kamera zu lächeln, damit man gleich meinen Charme auf den ersten Blick sieht), dass sie ihren Vermieter und sogar ihren neuen Chef schon am zweiten Arbeitstag gefragt hat, ob sie mich in Pflege nehmen und mir somit eine Chance für eine schöne Zukunft geben darf.
In dieser Woche sah es nämlich ganzschön eng für mich und meine Kollegen aus und die Cockerrettung war vollauf beschäftigt für uns Pflegestellen zu finden. Dienstag Abend bekam dann mein Pflegefrauchen das Einverständnis von den anderen Eigentümern im Haus und 48 Stunden später am Donnerstag hat sie mich schon in Düsseldorf abgeholt.
Tja, aber ehrlich gesagt war ich den ersten Tag mächtig enttäuscht von meiner neuen Mitbewohnerin! Ich erwartete, dass da ein überglückliches Pflegefrauchen vor mir steht, weil sie so einen Goldschatz wie mich bei sich wohnen lassen darf! Aber ich merkte sofort zu meiner Enttäuschung, dass da was nicht stimmte. Warum war sie bloß so traurig, was war denn mit der los???
Darüber wollte ich mir später Gedanken machen, denn jetzt fuhren wir erstmal zu Silke, einer ganz lieben Freundin von meinem Pflegefrauchen, bei der wir übernachten konnten, bevor wir am Freitag dann den langen Weg nach Karlsruhe antreten mussten. Übrigens, Silke war in den wenigen Stunden schon so von mir begeistert, dass sie inzwischen auch Pflegestelle bei der Cockerrettung ist. Habe ich sie nicht gut um den Finger gewickelt mit meinem Charme?
Doch auch der Abend war nicht so schön wie ich erwartet hatte, denn mein Pflegefrauchen hat sich bei ihrer Freundin ausgeweint. Was es war, konnte ich nicht hören, habe aber dann von Silkes Katze Penny-Thies mitbekommen, dass der Freund meines Pflegefrauchens sich – nicht mal vorübergehend – einen Hund zuhause vorstellen konnte und 12 Stunden später am Mittwoch aus der Wohnung ausgezogen ist. Jetzt wusste ich, warum die Stimmung so gedrückt war! Für mich war sofort von Anfang an klar, wer mich nicht mag, hat mein nettes Pflegefrauchen erst recht nicht verdient! Also ging ich auf sie zu, legte meinen Kopf auf den Couchtisch und sah sie so mitfühlend an, damit sie es ja nicht bereut mich aufgenommen zu haben. Schließlich hat sie mich ja gegen ihre Beziehung “getauscht”, obwohl sie mich nicht kannte, da muss ich schon lieb zu ihr sein. Und siehe da, mein treuer Blick hat gewirkt! Sie lachte, beugte sich zu mir runter, hat mich ganz lange gestreichelt und geknuddelt und ich wusste, dass uns trotz der Umstände eine tolle Zeit bevorstehen würde.
Ich wollte weiterhin ganz anständig und brav sein und damit mein frischer Single nicht alleine einschlafen muss, versuchte ich die halbe Nacht zu ihr auf die Couch zu kommen und mich an sie zu kuscheln. Von Penny-Thies weiß ich, dass mein Pflegefrauchen wohl die halbe Nacht “Abacho del sofa” gerufen haben muss. Die dachte, ich verstehe nur Spanisch, aber ich ließ mich nicht beirren und schließlich habe ich endlich um 3 Uhr nachts mein angepeiltes Ziel “Schlafplatz neben Trauerblümchen” erreicht.
Am nächsten Tag in Waldbronn angekommen inspizierte ich erstmal jeden Winkel meiner neuen WG, den Auszug des Ex-Freundes fand ich gut, die Wohnung schien zwar etwas leerer wie sonst zu sein, aber somit war ja umso mehr Platz in der Wohnung für mich zum Rumtoben! Und in den Schrank kamen nun meine Sachen, die wir noch in Duisburg für mich gekauft hatten, was will Cocker mehr?
Einen Spielgefährten natürlich! Aber Sir Artemis wollte von mir erstmal nix wissen, hat mich angefaucht, mir gezeigt wo die Tür ist und war mächtig beleidigt, dass sein Personal jetzt auch noch für einen anderen arbeitet! Aber warte nur, auch du wirst noch meinem Zauber erliegen!
Einen Tag später fühlte ich mich aber auf einmal sehr schlecht und taumelte durch die Wohnung. Mein Pflegefrauchen wusste nicht was mit mir los ist und da der Tierarzt im Ort bereits geschlossen hatte, steckte sie mich aufgewühlt in so ein gelbes Auto und fuhr mit mir zur nächsten Tierärztin, die extra auf mich gewartet hat. Nach der Untersuchung stand fest: ich brauche Herztabletten, damit es mir besser geht, na endlich hat das mal jemand festgestellt, wurde aber auch Zeit!
Die nächsten Wochen werde ich gerne in Erinnerung behalten, ich bekam seit langem wieder jeden Tag genügend zu Essen, viele Streicheleinheiten und wir waren jeden Tag auf meiner Spielwiese, auf der ich Fußball spielen und Tennisbälle apportieren durfte. Sogar Artemis mochte mich nach und nach und wurde mein persönlicher Dolmetscher, während ich mich zu dem persönlichen Schatten meiner Mitbewohnerin beförderte.
Oft haben wir auch in Frankreich übernachtet, da hatte ich einen schönen Garten für mich alleine und gleich 3 Kinder die mit mir Ball spielen wollten. Jeden Tag war ich bei meinem Pflegefrauchen, ich folgte ihr auf Schritt und Tritt und wir sind überall zusammen hingegangen. Ich bekam nach anfänglichen 12,5 Kilo endlich wieder was auf meine Rippen und nach vier Wochen rief mein neues Herrchen an, der meine Fotos auf der CR-Homepage entdeckt hatte. Ein Jahr lang suchte er einen Sonnenschein wie mich und es war Liebe auf den ersten Blick. So kam es, dass sie nach dem Vorgespräch den weiten Weg von Brüssel nach Karlsruhe fuhren, um mich kennenzulernen. Ich war sehr geschmeichelt, schließlich sind die beiden ja nur wegen mir 1.000 km gefahren und ich fand die beiden auch nett. Die Chemie stimmte wie es so schön heißt und sie wollten mich adoptieren! Am nächsten Morgen lief ich ihnen freudig entgegen, ging mit zum Auto, freute mich auf den versprochenen Garten und fand es nur schade, dass ich mein Personal nicht mitnehmen durfte. Aber mein Pflegefrauchen versprach mir, mich schon im September zu besuchen und ich dachte mir beim Abschied “Mensch, die kannste echt weiterempfehlen”.
In meinem neuen Palast angekommen bellte ich erstmal bis abends vor Freude, sollte dieser tolle Garten wirklich mir gehören? Super! Aber nach zwei Tagen fing ich an mein Pflegefrauchen doch zu vermissen auch wenn mein neues Frauchen mich wie einen König behandelte. Ich war traurig, lag oft auf einem meiner Schlafplätze und trauerte meiner Mitbewohnerin nach. Nach zwei Wochen fiel zudem einmal etwas hinter mir um, ich reagierte aber nicht. Mein Herrchen machte sich Gedanken, ging nach ein paar Tests mit mir zum Tierarzt und sie erfuhren da, dass ich fast taub bin.
Na und? Soll das ein Problem sein? Ich wurde seither oft bemitleidet, aber was soll ich denn vermissen, was ich noch nie gehabt/gehört habe? Im Gegenteil, so musste ich nicht auch noch deutsch von meinem Pflegefrauchen, italienisch und französisch von meinem Herrchen neben chinesisch und englisch von meinem Frauchen lernen, es hat eben alles auch seine Vorteile. Nur mein Pflegefrauchen war ganz traurig darüber, wie ich später erfahren habe, denn sie hat die erste Woche mit mir nur spanisch, die zweite Woche spanisch-deutsch und danach nur noch deutsch geredet. Ihre Mühen waren umsonst, denn ich hatte ja fünf Wochen lang Artemis als Dolmetscher! Also dachte mir zur Abwechslung mal ein neues Casting für einen Dolmetscher aus. Obwohl, eigentlich wollte ich das nach weiterem Überlegen auch nicht, dann muss ich ja meinen Garten mit dem Assistenten teilen und ob der auch so nett wie Sir Artemis ist, war auch fraglich. Nö, ich bleib lieber alleine “King Tim” ohne Hofnarr.
So vergingen die Wochen, ich fühlte mich mehr und mehr zuhause und die Trauer verging. Im September besuchte mich mein Pflegefrauchen wie versprochen und ich präsentierte ihr meinen Palast und den Garten voller Stolz. So hätten wir in meinem Reich richtig toll weiterleben können, hätte uns nicht die Wirtschaftskrise einen Strich durch die Rechnung gemacht. So trug es sich zu, dass mein Herrchen in seiner Firma von Brüssel nach London wechselte. Da dies alles sehr kurzfristig war und ich erst nach 6 Monaten ins Land meiner Urahnen einreisen durfte, zog ich nochmal 3 1/2 Monate in meine alte WG zurück. Meine Famlie war sehr traurig, mein damaliges Pflegefrauchen aber wieder total glücklich, mich Sonnenschein wieder bei sich zu haben. Komische Situation, vor allem für mich, ich war im letzten halben Jahr an vier verschiedenen Orten! Weltenbummler hin oder her, hier wurde ich wieder herzlich begrüßt und meine Familie hat mir versprochen, dass ich bald wieder zu ihnen kommen darf.
Sogar Sir Artemis freute sich, als ich Ende Dezember wieder vor der Türe stand, denn er durfte sein “Mensch-Katze-Hund”-Lexikon wieder auspacken. Welcher Cocker hat schon soviele Arbeitnehmer? Mein Pflegefrauchen wurde zu meiner Nanny, für die Übersetzung sorgte Artemis und dann bekam ich tatsächlich noch eine Trainerin, die meiner Nanny zeigte, wie sie sich mit mir per Handzeichen verständigen kann. Unser Zusammenleben verlief in den ersten fünf Wochen so harmonisch, ich hätte eh nicht gedacht, dass wir noch besser zusammenarbeiten können, nur weil sie wie ein Cheerleader mit den Händen rumwedelt… aber ich will ja nicht so sein und habe mich auf das Spielchen eingelassen.
Mein persönlicher Trainer hat außerdem mein Talent für Tricks entdeckt und gefördert. Ich fand die Tricks und vor allem die Leckerlies so klasse, dass ich neben meinem Beruf als passionierter Balljunkie noch Trickdog wurde. Wenn ich schon einen Zweitwohnsitz hier in Waldbronn habe, warum dann nicht auch noch diesen Zweitjob? Außerdem hatte dies noch einen weiteren positiven Nebeneffekt, den ich rasch bemerkte: Ich war zwar früher eh schon süß, aber durch meine Kunststücke habe ich binnen Sekunden die Herzen meiner Fans im Sturm erobert! Keiner hat mir geglaubt, dass ich vor 6 Monaten noch ein klapperdürrer ungepflegter Hund aus dem Tierschutz war.
Mit meinem Zweitjob ging der Winter ohne meine Familie schneller vorbei als ich dachte und ehe ich es mich versah, war der Schnee weg, in dem ich so gerne meine Tennisbälle gesucht habe. Im April durfte ich dann endlich über einige Umwege durch den Eurotunnel nach England einreisen. Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen wie sehr ich mich gefreut habe, meine Familie wiederzusehen! Mein beigefarbener Lieblingsteppich, meine Couch usw., alles war noch da, nur waren die Möbel eben in einem anderen Haus. Aber das ist mir egal, zuhause ist ja bekanntlich da, wo das Herz daheim ist! Und mein Herz (dass sich übrigens inzwischen prima auf die Tabletten eingestellt hat), hängt nunmal an meiner Familie. Übrigens ist meine Familie ganz froh, dass ich taub bin, denn mir macht dadurch die Londoner Hektik und der Verkehrslärm überhaupt nichts aus. Wie schon erwähnt, es hat alles auch seine Vorteile!
Meine Nanny blieb auch noch ein paar Tage bei mir und ich war glücklich, dass ich die drei Menschen, die mir soviel bedeuten, gemeinsam um mich herum haben konnte. So hatte meine Familie auch die Zeit, die unterschiedlichen Handzeichen zu lernen: jetzt gibt es zwei Chaoten mehr auf der Welt, die mit einer Riesengestik wegen mir durch die Gegend rennen! Aber ich bin ja kein Spielverderber und jedermann ist begeistert, was ich alles für tolle Tricks drauf habe! Es ist schon faszinierend, wie leicht man die Zweibeiner fröhlich machen kann…
Am letzten Tag mit meiner besten Freundin hätte ich es aber fast nicht geschafft, sie wieder fröhlich zu machen. Ich wusste zwar, dass sie an Ostern auch schon wieder gehen musste, aber der Abschied fiel uns beiden nicht leicht. Meine Nanny hat mir zwar schon hundertmal versichert, dass sie es nicht bereut hat, mich im Juni aufgenommen zu haben, ich habe aber vorsichtshalber doch noch am Abend vor Ihrer Heimreise wie damals an unserem ersten gemeinsamen Abend meinen Kopf – diesmal auf ihren Koffer – gelegt und sie mit demselben Blick angesehen, sicher ist sicher! Und siehe da, es hat – wie schon so oft – wieder funktioniert, sie hat wie damals aufgehört zu weinen und mich angelächelt.
Und so wohne ich nun in London und verdrehe den Cockerdamen neben meinem hübschen Orschifell, meinem spanischen Temperament, meinen Tricks und mit eben jenem Blick den Kopf! Und immer wenn ich meine beste Freundin wieder vermisse, laufe ich hoch ins Gästezimmer, lege mich oben hin und träume von den Ausflügen, die wir unternehmen werden, wenn sie mich wieder im Sommer besuchen kommt.
Und ich glaube, dass ich der glücklichste Cocker Londons bin, weil mir das Schicksal dank der Cockerrettung eine so schöne Wendung und dadurch diese wunderbare Freundschaft geschenkt hat.